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Der Bergsteiger

geschrieben für einen Bergsteiger im dichtesten Nebel:

Vor langer Zeit machten sich 3 Bergsteiger auf den Weg um den Gipfel zu erklimmen. Sie müssten über viele Wege, Wiesen und Bäche gehen, dann standen sie am Fusse des Berges. Der Berg war hoch, er sah gefährlich aus, dem ersten Bergsteiger machte das zu viel Angst, er lies seine Kameraden alleine, um hinaus in die Welt zu ziehen.

Die beiden anderen gingen weiter. Es ging immer weiter bergauf. Zunächst, war es noch ganz einfach, doch schon bald wurden die Wege schmaler. Immer öfter mussten sie eine Pause einlegen. Manchmal viel einer hin, aber der andere stützte ihn. 2 Jahre lang ging es gut, bis sie durch Zufall einen anderen Bergsteiger trafen. Der war ganz alleine unterwegs und schloss sich gerne an. Doch dieser neue Kamerad war herrschsüchtig, gemein, schlug, wenn man nicht mehr weiter konnte, war grundsätzlich anderer Meinung.

Er schaffte es, dass die beiden anderen sich plötzlich fremd wurden- ganz allmählich- sie merkten es selber gar nicht. Oft taten sie sich gegenseitig weh, sie stützten sich nicht mehr gegenseitig, sie redeten nicht mehr viel miteinander. Der eine von beiden schloss sich mehr dem Neuen an, der andere kriegte die schlechte Laune, den Frust und die Arbeit der beiden aufgedrückt. Oft fühlte er sich kurz vorm Zusammenbruch. Aber wenn er sich auflehnte, dann wurde er geschlagen, niedergeredet, ignoriert. Er beschloss sein Schicksal still zu erleiden und eben der Packesel der anderen zu sein.

Einmal war es besonders schlimm. Da stürzte er von einem Felsvorsprung. Er hatte noch Glück im Unglück. Nur das Bein hatte er sich gebrochen. Aber damit war es schwer weiter zu gehen. Die anderen beiden hatten gesehen,wie er gestürzt war, aber sie guckten zur Seite- sie wollten sich ihr angenehmes Leben nicht verscherzen, sie wollten nicht selber ihre Sachen tragen.Er wollte nicht aufgeben- tat so, als wenn das Bein in Ordnung wäre, und ging weiter. Er hatte schreckliche Schmerzen, aber er ignorierte sie, bis er sich daran gewöhnt hatte. Er schaffte es, zwar nur langsam und das Bein wuchs nicht richtig zusammen, aber er ging weiter.

Als sie an dem ersten Felsstück ankamen, da beschloss der Neue einfach wieder umzudrehen. Der zweite schloss sich ihm an. Nur der dritte sah endlich seine Chance- verabschiedete sich und ging weiter nach oben. Nun war das nicht besonders einfach. Er hatte von den beiden anderen nur das Nötigste überlassen bekommen, er war schwach, ängstlich, alleine...

Aber er nahm allen Mut zusammen, biss die Zähne zusammen und ging immer weiter, einen Schritt vor den anderen. Machte Pausen, wenn er nicht mehr konnte. Mehr als einmal wollte er auch aufgeben, mehr als einmal wollte er einfach nicht mehr weitergehen, sitzenbleiben und abwarten was kommt. Aber irgendwas trieb ihn immer wieder an. Er kam an Wiesen und Steingeröll vorbei, an Felsen und Steilhängen. Er fiel oft hin, musste manches mal tagelang Pausen machen, er verletzte sich, aber er raffte sich auch immer wieder auf.

Immer zerklüfteter würde der Weg, immer öfter musste er klettern. Zwischendurch traf er auch andere Bergsteiger, schloss sich ihnen eine Weile an, konnte aber kein Vertrauen mehr fassen und so trennte er sich auch immer wieder von ihnen. Dieses Treffen von anderen gab ihm immer wieder ein bisschen Kraft, aber er hatte nicht den Mut weiter mit ihnen zu gehen. Zu tief war er verletzt worden..

Wenn er sich von netten Leuten wieder getrennt hatte, ging es erst noch ganz gut, aber bald schon war die Trostlosigkeit wieder da, bald schon wusste er nicht mehr, wie er dass durchstehen sollte- manchmal kurz vorm aufgeben- dann wieder hoffnungsvoll.

Eines Tages, er sah ganz besonders mitgenommen aus, der Körper voller blauer Flecke, viele Narben, manche noch nicht richtig verheilt, Schrammen, da traf er einen anderen Bergsteiger. Der sah ganz genauso aus wie er- genauso kaputt und müde, genauso kurz vorm aufgeben, genauso ängstlich und ohne vertrauen.

Sie beschlossen ein wenig zusammen zu gehen- ein wenig Kraft zu tanken.

Aber das Wundervolle geschah, sie wurden Freunde. Erst nur zaghaft, dann immer fester. Bald schon wusste der eine, was der andere gerade denkt. Es war eine wunderbare Zeit. Sie war immer noch anstrengend, immer noch ging es nicht ohne Stürze ab, immer wieder wollte einer von beiden aufgeben. Doch sie stützten sich gegenseitig, teilten die Kraft miteinander, banden sich an ein Seil, damit der gerade Schwächere abgesichert war. Sie taten vieles gemeinsam- wie es richtige Freunde eben tun.

Aber der Bergsteiger bekam nie so recht heraus, warum der andere so verletzt war. Er hätte es gerne gewusst, aber er drängte auch nicht- erzählte er selber alles? Nein, es gab Dinge, die wollte er vergessen, sie ungeschehen machen- wie könnte er da etwas von erzählen. Das würde nur Erinnerungen heraufholen, nein, dass wollte er nicht und der andere dachte wohl genauso. Was er auch erlebt hatte, es war schlimm gewesen.

Okay, die eine oder andere Geschichte erzählten sie sich schon abends, wenn sie auf der Erde lagen und in den Sternenhimmel guckten. Aber das waren die Geschichten der Kratzer und die der kleinen Narben. An die Grossen trauten sie sich nicht dran, es war zu gefährlich, sie könnten wieder aufgehen.

Eines Tages jedoch, sie waren gerade mal wieder dabei eine Steilwand zu erklettern, machte das kaputte Bein des einen nicht mehr so recht mit. Er hing am Seil, konnte nicht mehr weiter, war zu müde zum kämpfen. Er sagte zum anderen, dass er alleine weiter gehen sollte, aber der hörte gar nicht hin. Selber schon ziemlich kaputt, hielt der das Seil mit ganzer Kraft fest, rief so lange um Hilfe, bis ihn jemand hörte, dann schafften sie den kaputten und müden Bergsteiger auf den nächsten Felsvorsprung und versorgten seine Wunden. Als er wieder etwas zu Kräften gekommen war, ging der Aufstieg weiter. Sie bedankten sich bei den Menschen, die ihnen geholfen hatten und machten sich wieder auf den Weg.

Noch oft kamen sie in gefährliche Situationen, aber irgendwie schafften sie es. Sie waren füreinander da und das gab ihnen die Kraft, die sie brauchten, um nicht aufzugeben, auch um die neuen Stürze und Fälle zu meistern, um auch schwierige Felspassagen zu schaffen.

Keiner kann sagen, was geschehen war- es kam überraschend- ohne Verwarnung. Der eine konnte plötzlich nicht mehr- er hatte keine Kraft mehr, ihm tat alles weh, er hatte keinen Mut mehr und das passierte mitten in einem besonders schwierigem Felsstück. Es war sowieso schon schwierig, dort nicht abzurutschen. Sie hatten beide ihre Reserven fast aufgebraucht, sie hingen am Seil, unter ihnen war nichts, irgendwo da oben der Gipfel. Aber er war nicht zu sehen- dichter Nebel verhüllte die beiden.

Der andere versuchte erstmal dem einen Mut zu machen, aber das nützte nichts, dann versuchte er ihn wieder nach oben zu ziehen, aber er war selbst zu schwach. Er rief um Hilfe und trotz des Nebels kam sie auch. Aber sie konnten nicht viel machen- es war kaum die Hand vor Augen zu sehnen.

Sie versuchten alles, aber die Tour hatte scheinbar schon zu viel Kraft gekostet- sie schafften es einfach nicht. Der Bergsteiger hatte solche Angst. Der andere, der oben stand, der war auch schon nicht mehr ganz sicher auf den Beinen. Aber er nahm seine ganze Kraft und versuchte sich und seinen Freund zu halten. Er gab alles was er hatte, aber auch er war einfach schon zu müde. Der Nebel wurde immer dichter. Bald schon konnten sie nur noch erahnen, wo der andere war.

Keiner hatte an dieser Situation Schuld, keiner hatte einen Fehler gemacht- irgendwann kommt der Punkt, wo der Körper schlapp macht. Die Vergangenheit, das viele Klettern, das immer wieder aufraffen hatte beiden einfach schon zu viel Kraft gekostet. Er merkte, dass auch er langsam abrutschte, aber noch hielt er das Seil fest.

Okay, er hätte das Seil auch abschneiden können- seinen Freund abstürzen lassen können, um sein eigenes Leben zu retten- aber was war sein eigenes Leben wert, wenn er alleine war. Er wusste genau, alleine würde er es nicht schaffen und er wusste, dass er mit dieser Schuld nie leben könnte.

Und dann plötzlich passierte es- es gab einen Knack und das Seil riss. Es hatte sich an einer scharfen Felskante durchgescheuert. Nein, es war nicht das Seil, dass die beiden verband- DEM konnte keiner was anhaben, dass war durch viele gemeinsame Stunden immer dicker geworden-nein, es war das Seil womit sie sich in der Felswand gesichert hatten. Plötzlich und unerwartet fielen sie zusammen in die Tiefe- immer noch verbunden durch ein dickes Seil, immer noch verbunden durch eine Freundschaft, wie es sie selten gibt.

.............

Tja, wie geht diese Geschichte zu ende?

Ich muss gestehen ich weis es selber nicht- vielleicht so

sie fallen gar nicht so tief, wie sie befürchtet hatten. Unter ihnen war ein Felsenvorsprung- komisch, den hatten sie beim Aufstieg gar nicht gesehen. Auf dem Vorsprung war viel Gras gewachsen, irgend jemand, der die Hilferufe gehört hatte, hatte den Platz mit Heu ausgelegt. Ja, sie fielen, aber sie fielen relativ weich. Sie wurden umsorgt, gepflegt, bis sie sich wieder auf den Weg machten - und eines Tages erreichen sie die Spitze- sehen die Sonne, die über den Bergen aufgeht und ihre Strahlen reflektieren sich im Nebel unter ihnen.

Oder so:

Sie fielen, immer tiefer in den Nebel hinein. Sie konnten sich nicht mehr sehen- jeder war mit seiner Angst alleine. Beide wussten sie, dass irgendwann der Aufprall kommen musste. Ja, sie waren miteinander verbunden, aber keiner konnte dem anderen mehr helfen.


Nachtrag:

ich habe mich getäuscht- es gibt noch eine weitere Möglichkeit, noch ein ganz anderes Ende der Geschichte:

Sie fielen, aber während sie fielen, kamen sie aus dem Nebel heraus. Sie konnten sich sehen, sie konnten spüren, dass sie nicht alleine waren... irgendwas hielt den Fall auf. Das Seil hatte sich an einem alten Baumstumpf verfangen. Sie hingen beide daran fest. Erst konnten sie es gar nicht glauben. Es war so ein wahnsinns Zufall, es war so schön, nicht alleine zu sein, es war so verrückt, kurz vor dem Aufprall noch so eine Chance zu bekommen.

Und sie wollten diese Chance nutzen. Sie kämpften mit aller Kraft, um auf den nächst besten, sicheren Platz zu gelangen und sie schafften es. Sie kamen müde und kaputt auf einem Felsvorsprung an. Aber sie waren nicht alleine und sie konnten sich gegenseitig wärmen, dem anderen mehr vertrauen als jemals zuvor. Das gab ihnen eine Menge Kraft um den Aufstieg wieder anzugehen.

Klar würde es nicht einfacher werden. Klar würde es immer wieder schwierige Stellen geben. Klar sie würden noch viel Kraft investieren müssen, um auf die Bergspitze zu kommen, um ans Ziel ihrer Träume zu gelangen, aber es war auch klar, dass sie es gemeinsam durchstehen würden.

Gemeinsam waren sie im Nebel gefangen gewesen, gemeinsam waren sie gefallen, gemeinsam waren sie fast am Ende gewesen, gemeinsam hatten sie es geschafft wieder Licht zu sehen, gemeinsam haben sie die Chance genutzt, gemeinsam hatten sie erfahren, was es heisst nicht alleine zu sein, gemeinsam werden sie auch ihr Ziel erreichen.

Aber egal wie das Ende nun wirklich aussieht

eins ist sicher

sie werden es zusammen erleben

24.05.2002 ©Schlappy
16.06.2002 ©Schlappy

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   © 17.02.2007 by Schlappy und Gipsy•  ads-familie@gisu.de